Körper

Die verschiedenen Stationen der Parkinson-Therapie

Keine Parkinson-Erkrankung ist wie die andere: Vorgeschichte, Symptome, Lebenssituation – all dies unterscheidet sich von Patient zu Patient. Was die meisten von ihnen jedoch vereint, ist der Behandlungsweg, den sie beschreiten. An welcher Stelle der Weg beginnt, also die Parkinson-Therapie ansetzt, hängt ganz maßgeblich davon ab, ob sich der Patient in einem frühen oder fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung befindet.

Parkinson: Dopaminmangel im Gehirn

Bei Menschen mit Parkinson sterben die Nervenzellen im Gehirn, die den Botenstoff Dopamin produzieren, mit stark erhöhter Geschwindigkeit. Wenn dem Körper keine ausreichenden Mengen an Dopamin zur Verfügung stehen, bringt das Einschränkungen der Koordinations- und Bewegungsfähigkeit mit sich.1 Verschiedene Behandlungen können diesem Prozess entgegenwirken, indem Medikamente verabreicht werden, die die Menge an Dopamin im Gehirn erhöhen.

Der Dopaminmangel im Gehirn von Parkinson-Patienten lässt sich auf verschiedene Weise ausgleichen – so können Symptome wie Zittern, Muskelsteifheit und Co. gelindert werden.

Vereinzelte Parkinson-Symptome können schon lange Zeit vor dem tatsächlichen Ausbruch der Krankheit auftreten.1 Deshalb ist es wichtig, mit dem Arzt über beobachtete Veränderungen zu sprechen – je früher, desto besser. So fügt sich ein Bild zusammen, anhand dessen der Arzt die Symptome einordnen kann, gegebenenfalls eine Diagnose stellt und darüber entscheidet, welche Art der Parkinson-Therapie am besten geeignet ist.

Die hier präsentierten Behandlungsstationen für Parkinson haben alle ein gemeinsames Ziel: Dem Patienten ein selbstbestimmtes und flexibles Leben zu ermöglichen, in dem er den Alltag meistern und weiterhin so uneingeschränkt wie möglich seine Freizeit gestalten kann.

Station 1: Parkinson-Therapie mit Tabletten (orale Therapie)

Bei den meisten Patienten beginnt der Behandlungsweg mit einer sogenannten oralen Therapie, bei der mehrmals täglich Tabletten eingenommen werden. Es gibt verschiedene Wirkstoffe, die den Körper mit Dopamin versorgen können – welcher davon der richtige ist, entscheidet der Arzt z. B. anhand des Alters des Patienten und der Schwere der Symptome.

Die Therapie mit dem Wirkstoff Levodopa (auch: L-Dopa), eine Vorstufe des Dopamins, gilt bisher als „Goldstandard“.2 Levodopa wird im Gehirn zu Dopamin umgewandelt und steht dem Körper dann zur Verfügung, um die Koordination der Muskulatur zu regeln. Abgesehen davon, dass mehrmals täglich an die Tabletteneinnahme gedacht werden muss, ist eine orale Therapie für Patienten relativ unkompliziert in den Alltag zu integrieren. Viele Patienten kommen mit einer oralen Therapie jahrelang gut zurecht.

Bei der Langzeitanwendung von Levodopa kann es jedoch zum sogenannten „L-Dopa-Langzeitphänomen“ kommen, bei dem unkontrollierbare Bewegungen und Verkrampfungen auftreten. Manchen Betroffenen macht darüber hinaus das „On-Off-Phänomen“ zu schaffen: Die Bezeichnung kommt vom ständigen Wechsel des Zustands des Patienten zwischen Körperstarre und Bewegungsfreiheit, was die Lebensqualität beeinträchtigen kann.4 Um diesen Begleiterscheinungen zu begegnen, können ergänzende orale Medikamente in Kombination mit Levodopa eingenommen werden.3

Station 2: Gerätebasierte Parkinson-Therapie

Moderne Therapieoptionen können auch Patienten in einem fortgeschrittenen Parkinson-Stadium viele Freiheiten zurückgeben.

Eine Erweiterung der oralen Therapie ist die sogenannte gerätebasierte Therapie. Diese kann ergänzend zu Tabletten eingesetzt werden, oder aber wenn die Behandlung mit Tabletten nicht mehr den gewünschten Effekt erzielt.

Bei der gerätebasierten Therapie werden Wirkstoffe mit technischen Hilfsmitteln wie einer Pumpe oder einem Pen direkt in den Körper geleitet. Das ist ein Vorteil, weil so der Umweg über den Magen umgangen wird, der im Verlauf einer Parkinson-Erkrankung ebenfalls in seiner Funktion eingeschränkt werden kann. Das kann wiederum dazu führen, dass Tabletten nicht mehr richtig verdaut werden und keine ausreichend symptomlindernde Wirkung mehr entfalten können.

Moderne gerätebasierte Therapien maximieren die Bewegungsfreiheit und Flexibilität von Patienten und können mit exakt dosierten Wirkstoffkonzentrationen arbeiten, um den Körper nicht unnötig zu belasten. Bei der gerätebasierten Therapie können sowohl Levodopa als auch der Wirkstoff Apomorphin und verschiedene Wirkstoff-Kombinationen zum Einsatz kommen.

Wirkstoff-Pen

Ein Wirkstoff-Pen wird, ähnlich wie ein Insulin-Pen für Diabetiker, vom Patienten selbst angewandt. Wenn ein Patient akute Symptome wie Muskelanspannungen (Rigor) und Zittern (Tremor) verspürt oder anderweitig in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist, zum Beispiel morgens vor dem Aufstehen, kann der Wirkstoff in den Oberarm, den Bauch oder Oberschenkel injiziert werden. Die symptomlindernde Wirkung tritt innerhalb weniger Minuten ein.5

Wirkstoff-Pumpe

Bei der Anwendung einer Pumpe wird der Patient fortlaufend mit Wirkstoffen versorgt, sodass dem Körper ein gleichbleibender Spiegel an Wirkstoffen zur Verfügung steht. So wird die Magenpassage umgangen, sodass Wirkstoffe dauerhaft direkt ins Blut aufgenommen und so ins Gehirn weitergeleitet werden können. Dank der so erhöhten Wirkstoffkonzentration im Körper kann in manchen Fällen die Dosis des Medikaments reduziert werden. Eine Wirkstoff-Pumpe eignet sich für Patienten in einem fortgeschrittenen Parkinson-Stadium.5

Station 3: Gerätegestützte Parkinson-Therapie

Operative Behandlung

Bei einigen Patienten im fortgeschrittenen Parkinson-Stadium zeigen Medikamente in Tablettenform keine oder keine ausreichende Wirkung oder gehen mit Nebenwirkungen einher, die das Beenden der oralen Therapie nötig machen. In diesen Fällen kann eine operative Behandlung in Erwägung gezogen werden. Hierbei werden Elektroden ins Gehirn implantiert, die mit einem „Hirnschrittmacher“ verbunden sind und stimulierende elektrische Impulse abgeben (Tiefe Hirnstimulation).2 Dadurch können die durch den Dopamin-Mangel gestörten Körperfunktionen unterstützt und Symptome gelindert werden.

Nicht-medikamentöse Therapie

Medikamente in unterschiedlichen Darreichungsformen können Parkinson-Patienten ein großes Maß an Flexibilität und Selbstbestimmtheit zurückgeben. Aber auch über die Linderung der unmittelbaren motorischen Beschwerden hinaus gibt es Möglichkeiten, Patienten zu unterstützen:

  • Physiotherapie
    Durch eine regelmäßige Bewegungstherapie, die individuell auf den Patienten zugeschnitten wird, kann die Bewegungsfähigkeit von Parkinson-Patienten beibehalten oder sogar verbessert werden. Das gibt ihnen Sicherheit und kann dabei helfen, den Alltag trotz Krankheit souverän zu bewältigen.
  • Logopädie
    Bei manchen Parkinson-Patienten wirkt sich die Krankheit auf die Fähigkeit des Sprechens und des Schluckens aus. Manche Betroffene haben ihre Stimme nicht mehr wie zuvor unter Kontrolle – das kann dazu führen, dass sie sich schämen und nicht mehr am sozialen Leben teilnehmen möchten, weil sie sich nicht mehr wie gewohnt mitteilen können. Eine Sprachtherapie, bei der Atmung, Stimme und Schlucken gezielt trainiert werden, kann helfen, dem entgegenzuwirken.
  • Psychotherapie
    Depressionen, Schlafstörungen und Veränderungen der Libido können Symptome oder Begleiterscheinungen einer Parkinson-Erkrankung sein. Und natürlich ist die Diagnose an sich für Betroffene eine Belastung – auch wenn Parkinson heute sehr gut behandelbar ist. Regelmäßige Gespräche mit einem Psychotherapeuten können sehr hilfreich dabei sein, Gefühle von Frustration, Trauer und Unsicherheit nicht anzustauen, sondern ihnen ein gesundes Outlet zu geben und Strategien zu entwickeln, mit der neuen Situation umzugehen und gestärkt nach vorn zu schauen.

Quellen:

  1. Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN). Morbus Parkinson. Online verfügbar unter: https://dgkn.de/neurophysiologie/der-ueberblick/morbus-parkinson. Letzter Aufruf: 19.03.2021.

  2. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie Idiopathisches Parkinson-Syndrom Kurzversion. Online verfügbar unter: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/030-010k_S3_Parkinson_Syndrome_Idiopathisch_2016-06-abgelaufen.pdf. Letzter Aufruf: 19.03.2021.

  3. Deutsche Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen e. V. Hintergrundinformationen Parkinson-Krankheit. Online verfügbar unter: https://www.parkinson-gesellschaft.de/die-dpg/morbus-parkinson.html?jjj=1615464405888. Letzter Aufruf: 19.03.2021.

  4. https://www.parkinson-portal.at/parkinson-behandeln/#fortgeschrittene-therapie
  5. https://www.parkinson-portal.at
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